Privates

Dass so viel Friede pur in so einen kleinen Körper passt, wunderte mich damals schon. Ein kleines, weißes Rattenkind, von der Straße zusammengekratzt, endete als anhängliche Gefährtin – im wahrsten Sinne des Wortes. Du lebtest auf mir, frei unter Katzen und Hunden. Damals schon warst du so großartig und besonders, dass dich jeder in der Gruppe achtete. Nach deinem Tod floss dein starker Friede aus deinem kleinen Körper und füllte den ganzen Raum und unser aller Herzen.

So war es auch gestern wieder. Etwas größer war dein Körper in diesem Leben ausgefallen, die Farbe war dieselbe und auch die Blessuren und Umstände ähnelten sich. Du warst hier der Friedensfürst. Deine reine Liebe strahlte meterweit über deinen kleinen Katzenkörper hinaus und dein Schnurren heilte Wunden. In tiefem Vertrauen schmiegtest du dich an mich, – auch für den letzten Pieks in diesem Leben. Ich lebte deine Erleichterung mit, dein Aufatmen, deinen Dank, dass ich Wort gehalten habe. Dabei bin ich die, deren Dankbarkeit für dein Dasein niemals enden wird. Unser nächstes Zusammenfinden hast du wohl auch deiner vierjährigen Verbündeten mitgeteilt. „Er kommt wieder. Nur anders.“ Das Datum deiner Geburt in dieses Leben kenne ich nicht. Das Datum deiner Geburt zurück zu den Seelen in das, was wir Freiheit nennen, Friede, Heilsein, Liebe, feiere ich mit dir, Carlos. Wir sehen uns …….

Deine Gefährtin mit allen Begleitern

Die Lücke, die ein verstorbenes Tier hinterlässt, schließt sich auch für uns schmerzhaft. Die Zeit der Trauer müssen wir uns geben. Doch irgendwann hat sich das Familiensystem neu sortiert und die Verantwortung für die, die am Leben sind, trägt uns schnell in die Gegenwart und ins Leben zurück. Wie unfair wäre es, aus Trauer um Verstorbene die Lebenden zu vernachlässigen? Wie egoistisch wäre es, die Heimgereisten nicht loszulassen, damit sie frei sein können?

Wie wir Menschen trauern auch unsere Tiere auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Die einen verstehen sowohl den Prozess des Sterbens, als auch die tieferen Zusammenhänge, was ihnen die Zeit des Abschiedes und der Trauer erleichtert. Anderen zieht es den Boden unter den Füßen weg, vor allem, wenn ihr Weggefährte oder ihre Weggefährtin plötzlich aus dem Leben gehen. Es liegt in unserer Verantwortung, ihnen ihren Lebenssinn wiederzugeben, bzw. neu finden zu lassen. Unlängst kontaktierten mich zwei Menschen auf Anraten u.a. ihrer Tierärztin, weil ihre kleine Jagdhündin anscheinend aus heiterem Himmel von epileptischen Anfällen heimgesucht wurde. Während meiner Verbindung mit ihr stellte sich heraus, dass ihr Bruder unerwartet und unter starken Schmerzen aus dem Leben getreten war. Kurze Zeit später musste man ihr zwei Dutzend Zähne entfernen lassen. Beide unvorbereiteten Erfahrungen entwurzelten die Hündin so sehr, dass die Synapsen in ihrem Kopf durchknallen, die sich in Form epileptischer Anfälle entladen.

Doch so weit muss ich gar nicht schauen. Weil ich weiß, dass man den Tieren großes Leid ersparen kann, will ich euch einen kleinen Einblick geben, wie meine Maiina den Tod zweier Familienmitglieder verarbeitet, die sich in der Weihnachtszeit 2021 aus dem körperlichen Leben verabschiedeten. Der Umgang meiner Hunde und Katzen mit deren Tod war und ist noch sehr verschieden. Lotte, unsere Big Mama, ging selbstbewusst und selbstbestimmt. Trotz ihrer insuffizienten Nieren hatte sie uns noch 1,5 Jahre geschenkt, bis sie mir am letzten Tag vor Weihnachten und vor dem Urlaub der ihr vertrauten Tierärztin sagte: „Heute ist es soweit. Der Körper hat ausgedient, du musst das heute beenden.“ Dann bat sie mich mit eindringlichem Blick, ihr ganz genau zuzuhören. Daraufhin erhielt ich klare Anweisungen über die künftigen Jobs der anderen Tiere und selbstverständlich auch über meinen eigenen. Simon hatte die gesamte Kommunikation aufmerksamst mitverfolgt, mich angeschaut und mir vermittelt: „Alles klar, so machen wir das.“ Gerade weil ihm seine Lebensgefährtin sehr nah stand und steht, konnte er ihren Wunsch akzeptieren. Allerdings hatte er vor vielen Jahren bereits Erfahrung mit Leben und Sterben in einer rumänischen Tötungsstation gesammelt. Außerdem arbeiten wir, seit er bei mir lebt, intensiv mit sterbenden und verstorbenen Tieren, sodass ihm die Welt der Seelen sehr bekannt ist. So konnte er seine traumatischen Erfahrungen in Ressourcen für andere Tiere umwandeln. Auch die blinde Hannah konnte verstehen und umsetzen, was Lotte uns mitteilte, wenngleich sie weniger in die Aktion ging. Sie verarbeitete für sich, im Stillen. Meine Aufgabe war dann, den richtigen Moment zu finden, sie aus ihrer Stille herauszuholen und ins Familienleben einzubinden. Maiina aber, ihre ebenfalls blinde Schwester, ist nicht in der Lage, all diese Informationen zu verarbeiten. Sie kam als letzte in die damals fünfköpfige Hundegruppe, ein Jahr nach Hannah. Dieses Jahr ohne ihre Schwester in Griechenland wurde für die sensible und damals vollkommen unstrukturierte Jagdhündin zur zweiten traumatischen Erfahrung in ihrem Leben. Dass ich aus Verantwortung für meine damals aktuelle Gruppe nicht gleich beide Schwestern integrieren konnte, steht für mich dennoch auch heute noch außer Frage. Als Maiina in die Familie kam, nahm Lotte sich sofort ihrer an. Lotte hatte man in Rumänien zwei Würfe vor ihren Augen getötet und jetzt konnte sie für Maiina kurze Zeit die Mutterrolle übernehmen. So schenkte das Leben gleich Heilung für beide Hunde. Als Maiina sich in der Gruppe eingelebt hatte, entledigte sich Lotte schnell ihrer mütterlichen Gefühle. Abhängigkeit war nicht ihr Ding. Sie war eher der souveräne Hüte-Typ mit Krone auf erhabenem Haupt. Durch ihre unerschütterliche Klarheit stellte sie für die ganze Truppe einen starken Halt dar. Nach Lottes Heimreise in ihre Seelenheimat folgte ihr Maiinas und Hannahs ebenfalls blinder Halbbruder Jack, der schon zur Familie gehörte, als Hannah bei uns einzog. Das Glück der Beiden, als sie sich erkannten, ist mit Worten nicht zu beschreiben. So war es dann auch für Maiina, als sie dazu gekommen war. Das Band, das sich später zwischen den drei blinden Geschwistern Hannah, Maiina und Jack knüpfte, blieb ungetrübt, auch als Jack ein paar Straßen weiter zur Familie meiner Tochter gezogen war. Sein plötzlicher und würdeloser Tod in einer Tierklinik katapultierte Maiina komplett ins Aus, zumal sie noch immer in Trauer um die fünf Tage zuvor verstorbene Lotte war. Sie fing wieder an einzunässen, verlor sich selbst bei jeder Begegnung mit fremden Lebewesen, alle Fortschritte und Sicherheiten, die wir in den vergangenen acht Jahren erarbeitet hatten, schienen mit einem Augenblick wie weggefegt! Erst als ich selbst mit mir und Jacks fremdverursachtem Leid ins Reine gekommen war und erkannt hatte, dass dies sein Weg war, um letztendlich das Leben seiner Menschen zu retten (auf solche Zusammenhänge werde ich an anderer Stelle eingehen), war ich wieder in der Lage, Maiina der Halt zu sein, den sie so sehr braucht. Wie habe ich das erreicht? Das Letzte, was ihr geholfen hätte, wäre Mitleid gewesen. Nie ist Mitleid das Mittel der Wahl, genauso wenig, wie zu erlauben, dass sie sich von mir oder einem der anderen Tiere so abhängig macht, dass alle Beteiligten ihre Persönlichkeit und ihren Freiraum opfern müssten. Damit wäre niemandem wirklich gedient. Stattdessen besann ich mich auf ihre Talente und auf den Weg, der letztendlich zu ihrer Entfaltung geführt und ihrem Leben einen Sinn und somit Struktur im Innen und im Außen gegeben hatte. Mir war vor einigen Jahren aufgefallen, dass sie jeden Abend auf der, wie ich es nenne, „Telefonleitung“ zweier Bäume in meinem Garten liegt und offensichtlich mit den Bäumen Verbindung aufnimmt. Dadurch ist sie in der Lage, herunterzufahren, sich zu erden, im wahrsten Sinne des Wortes. So verarbeitet sie alle Eindrücke, sprich Geräusche, Gerüche und Gefühle aus der Natur und aus der Menschenwelt, die im Laufe eines Tages ungefiltert in sie eindringen. Wenn ich ihr die Zeit gebe, die sie auf dem Kommunikationsnetz der Bäume verbringt, ist sie in der Lage, ihre Ressourcen mit mir zusammen im Alltag anzuwenden. Also gewähre ich ihr nun auch die Zeit, die sie braucht, um die Gräber von Lotte und Jack als Anker zu verwenden. Hier nimmt sie die Energien auf, die die Beiden ihr zu Lebzeiten gegeben hatten und ihr heute aus der Welt der Seelen immer noch geben. Wenn ein Geräusch oder Erlebnis sie überrascht, trennt mein Mädchen sich von der Gruppe und verbringt teilweise einige Stunden auf einem der beiden Anker in ihrer ganz eigenen Welt. Das darf sie und ich freue mich für sie, dass sie diesen Weg für sich gefunden hat. Doch ich lasse sie darin nicht auf Dauer versinken. Sobald es meine Zeit erlaubt, nehme ich mir die Kleine ganz alleine für einen Spaziergang, auf dem wir uns zusammen komplett auf unser Leben, die Natur mit all ihren Geräuschen, Gerüchen und Gefühlen einlassen, wobei ich sie sowohl Halt, als auch tiefe Lebensfreude fühlen lasse. Jede Rückversicherung von ihr bei mir belohne ich mit einem guten Gefühl, manchmal auch verbal und auch Leckerli kommen ab und zu zum Einsatz. Dadurch erfährt sie wieder Schritt für Schritt, dass sie richtig und vollkommen geliebt ist, wie sie ist und dass sie durchaus imstande ist, an meiner Seite und an der Seite ihrer verbliebenen vier-, bzw. dreibeinigen Gefährten ein würdevolles Leben zu führen.

Wenn wir dann zurückkehren in die Familie, geht ein Aufatmen durch alle Hunde- und Katzenlungen und durch alle Herzen. Das System entspannt und gesundet, jeder findet seine Ebene für ein sinnerfülltes, freudvolles Leben. Das, ihr Lieben, wünsche ich von Herzen auch euch und euren Tieren und nur deshalb teile ich diese ganz privaten Prozesse mit euch.

In diesem Sinne, bleibt bei euch und in der Liebe,

eure Claudia M. Struwe und Team

11.11.2021

„Quäle mich nicht mit Tabletten und Zeugs, von dem mir übel wird. Ich habe einen guten Job gemacht. Wir hatten eine gute Zeit und ich habe die Krone für die Gruppe gerne getragen. Nun dient mir der Körper nicht mehr. Ich werde ihn bald verlassen. Lange Zeit hatten wir noch zusammen, seit die Ärztin gesagt hatte, es gehe mit mir dem Ende zu. Aber du hast auf meine Wünsche geachtet, mir mehr Zweisamkeit mit dir geschenkt, ein paar Minuten am Tag. Das gab mir den Sinn und die Kraft, es bis zur letzten Zelle meines Körpers mit dir auszukosten. Du hast mir von unserem ersten gemeinsamen Tag an eine Höhle gegeben, Rückzug gewährt, mich mit meiner Vergangenheit versöhnt. Du hast meine Gebärmutter weinen lassen, bis der Schmerz über meine getöteten Kinder ausgeweint war. Du hast sie schon gesehen, da drüben. Ich auch. Sie warten auf mich. Ich werde sie bald wiedersehen. Halte dir die nächsten Tage frei. Vor Weihnachten noch. Und nun werde ich die letzten Tage mit euch genießen. Meine Krone werde ich in Würde absetzen und du wirst sie tragen. Schaue genau hin, fühle dich hinein, es ist kein leichter Job. Ich zeige dir noch alles, was du zu tun hast. Du machst das schon!“

 

23.12.2021

Dein Timing ist perfekt, Lotte. Du hast nicht mehr darüber gesprochen, warum auch. Es war ja alles gesagt. Unsere Freundinnen halfen dir durch die letzte Zeit hindurch mit medizinischen Tipps und Infusionen, so konntest du tatsächlich dein Leben hier bis zur allerletzten Sekunde auskosten! So ganz nach deiner Art. Ich werde deinen Blick nie vergessen, als du mich gestern gebeten hast, noch ein letztes Mal deinen Buggy den Waldweg hochzuschieben, mit dir in aufrechtem Sitz mit stolzem Blick. Dem unverwechselbaren Lotte-Blick, der bei all deiner Klarheit nicht frei war von Wehmut, als er über jeden Stein, die Erde und deinen Wald glitt. An manchen Stellen wolltest du mit deiner Nase noch einmal eintauchen, so dass ich deiner Bitte, dich hie und da aus dem Buggy zu tragen, liebend gerne nachkam. Drei Schritte, mehr ging nicht mehr. Aber die bist du gegangen. Mit Pausen. Zu Hause angekommen wussten wir alle, das wird unsere letzte gemeinsame Nacht mit deinem irdischen Körper sein. Die anderen machten dir Platz im Bett und du legtest dich unter meinen Kopf mit deinem superweichen Fell. Ich fühle und rieche es noch heute. Deinen Blick werde ich nie vergessen, als du am nächsten Tag den lauten Gedanken in den Raum stelltest: JETZT. Es ist soweit. Dann begannst du zu zittern und wurdest immer kleiner, hilfebedürftiger…….. Bis dann, geliebtes Wesen, wir sehen uns……..Frohe Weihnachten!

 

11.04.2022

Hey Lotte, ich schicke dir mal wieder ein paar Küsse in die Himmel! Dir ist sicher nicht entgangen, dass der Simon, dein Mann, kleiner geworden ist, seit du das Licht der Himmel erblickt hast. Sein Fell ist zarter, er ist sensibler geworden und die Arschlochnummer draußen kauft ihm keiner mehr wirklich ab. Er gebraucht sie allerdings auch immer seltener. Stattdessen geht seine Stärke, seit du weg bist, in seine drei Beine. Er versucht nach Leibeskräften, stabil im Leben zu stehen. Bei den Hunderunden fühlen wir dich manchmal hinter uns, oft aber genießen wir auch die Zweisamkeit, die wir hatten, bevor er dich zu uns holte. Naja, und Hannah macht manchmal die Luftpumpe. Sie bläst ihre Muckis auf und stolziert durch die kleine Gruppe, als könne sie dich ersetzen. Die Energie kann sie aber nicht lange halten, zumal sie es ja auch gar nicht können soll. Maïna bettelt mehr denn je nach Führung. Heute war wieder so ein Tag, an dem ich sie alle mal wieder einsortiert habe. Wie du sagtest, ich mache das schon. Hier ein paar Übungen, da klare Worte und vor allem immer schön die Krone richten! An deine innere Ruhe und Konsequenz reicht meine noch nicht ran. Naja, letztere sollte es auch nicht. Du wärest bis zum letzten Schritt gegangen in manchen Fällen bei Störungen von außen….. da bediene ich mich doch lieber anderer Mittel. Ja, du fehlst. Aber dein großzügiges Angebot, zeitnah wiederzukommen, habe ich nicht angenommen. Du hast deine Freiheit verdient. Selbstverständlich bist du hier willkommen, wenn du irgendwann einmal wieder hier sein möchtest. Aber nur, wenn DU das willst und das bezweifle ich, meine geliebte freie, große, starke Seele. Ich liebe dich. Wir geben hier unser Bestes. Bis dann, bis bald, bis jetzt…weil…du bist ja hier…..

Deine Gefährtin