Maina

Die Jagdhündin ohne Augen. Der Grund für einige gekündigte vermeintliche Freundschaften. Weil ich mich für dich entschieden habe, damals vor neun Jahren.

Nein, ich wusste nicht, was auf mich zukommen wird. Aber ich wusste, dass du zu uns gehörst. Zu mir, zu Lusy, Simon und Lotte, vor allem zu deinen ebenfalls blinden Geschwistern Hannah und Jack. Dass du ein ganz besonderes Mädchen bist, wusste ich. Dass ich viele Jahre lang ca. fünfzehn Mal nachts mit dir nach draußen gehen werde, dass du zu so Vielem nicht in der Lage sein würdest, was dir dein Leben angenehmer machen könnte, das wusste ich damals noch nicht. Ich hatte keine Ahnung, was Deprivation in frühester Kindheit und zusätzlich während der Pubertät mit dem Gehirn eines Säugetieres macht. (Inzwischen bin ich durch die anschauliche Aufklärung von @Robert Mehl schlauer. An dieser Stelle möchte ich seine Aufklärungsarbeit u.a. durch Webinare und sein Buch „Die Psyche des Hundes“ jedem Hundemenschen wärmstens empfehlen.) Hätte ich gewusst, wie sehr mein Leben sich durch dich ändert, hätte ich nicht anders gehandelt. Immer noch lerne ich durch dich dazu. Erst lernte ich, lauthals jeden anzugehen, der dich als aggressiv und dumm bezeichnete. Ich lernte damit umzugehen, wenn man mir Unfähigkeit, einen Hund zu erziehen, nachsagt. Du bist nun mal keine Sitz-Platz-Fuß-Untergeordnete. Das ist keiner meiner Hunde. Heute kann ich dank dir die Menschen, die uns nicht erkennen, in ihrer Welt lassen. Täglich bin ich mir tiefer der Dankbarkeit bewusst, dass du mit mir und uns dein Leben verbringst. Inzwischen fast elfjährig und nicht mehr ganz gesund, genießt du es in vollen Zügen, mit mir zusammen deine Beute (Nassfutter) zu jagen und zu „erlegen“. Deine Freude und Spannung, was wir dieses Mal machen werden, sobald ich dir dein Geschirr anlege und du dein Futter in meiner Hand riechst, macht mich glücklich. Da kannst du das sein, was deine Gene dir vorgeben: Jagdhündin. Ganz sicher nicht nach allen Regeln der „Kunst“ und schon gar nicht nach den üblichen Vorschriften. Denn dafür reicht deine Aufmerksamkeitsspanne nicht aus. Aber wir haben Spaß. Ja, ich habe meine Lebensstruktur nach euch allen ausgerichtet, am meisten nach dir, weil du die mit den stärksten Bedürfnissen bist. Keiner von euch kommt zu kurz und ich am wenigsten, weil ich durch euch so viel lernen und erleben darf. Was du ganz sicher nicht bist: „Dankbarer Tierschutzhund.“ Selbst während ich dies schreibe, muss ich grinsen. Du bist dir deiner selbst bewusst und im Hier und Jetzt sehr präsent. Und genauso liebe ich das Sein mit dir, – liebe ich dich -, mein starkes Mädchen mit dem zarten Herzen. Wie du dir deiner selbst bewusst bist, bin es auch ich. Ich sehe dich bis auf den Grund deiner Seele, ich nehme dich an mit allem, was du bist, ich führe dich klar und liebevoll durchs Leben. Auch wenn ich dir schon manches Mal körperlich weh tun musste, um deine Wunden zu versorgen, die du dir durch dein stürmisches Temperament zugezogen hast: Du kannst dich, wie die anderen auch, auf mich verlassen. Und dein tiefes Aufatmen während ich diese Worte schreibe zeigt mir, wir sind auf dem richtigen Weg, mein kleines Pumuckelchen.

Mein Blick auf euch (inzwischen noch) drei zufrieden schlafenden Schätze lässt auch mich tief aufatmen, während ich darüber nachdenke, was wir morgen Schönes zusammen anstellen werden.