Hallo ihr Lieben,
was erwartet man denn von einem Menschen wie mir? Ich bin nicht selten überrascht, wenn Besucher meiner Praxis ihre Überraschung über mich kundtun. „Ui, du bist ja gar nicht so still und salbungsvoll, wie ich das erwartet hatte. Du lachst ja voll viel!“ Äh….ja…warum auch nicht? Ich gebe zu, dass mein Beruf nicht immer zum Lachen ist, vor allem bei der Arbeit mit leidenden Tieren. Aber grundsätzlich mag das Leben Humor und ich auch. Spirituell bin ich, das streite ich nicht ab. Ebenso wenig streite ich meine Bodenständigkeit ab. Im Gegenteil, sie rettet mich! Aber wer bitte hat denn gesagt, dass spirituelle Menschen immer still und bedächtig durch die Welt schleichen? Selbstverständlich liebe und brauche ich Stille. Sie ist meine Nahrung, mein Lebenselixier. Aber diese Stille findet eben auch in der Stille statt. Daheim. Im Wald. Mit Gott. Mit meinen Tieren. Obwohl….mit Gott bin ich auch nicht immer still, wenn ich auch nicht mehr so oft mit ihm diskutiere, wie in früheren Zeiten.
An eine solche diskussionsreiche Geschichte muss ich heute noch oft denken. Als ich vor ca. 25 Jahren einen Anruf erhielt von einer Dame mit französischem Akzent, wusste ich schon im voraus, das wird interessant werden. Wir vereinbarten einen Termin für energetische Fußmassage und als ein paar rotlackierte Highheels meine Praxis betraten, war mir beim ersten Blick schon klar, dass der Mensch, der sich elegant in diesem Foltergeräten bewegte, Migräne haben musste. Das zu erkennen, hatte allerdings absolut gar nichts mit Hellsichtigkeit oder energetischer Arbeit zu tun. Die Reflexzonen für den Kopf steckten nun einmal fest eingequetscht in diesen Schuhspitzen drin. Wenn Großzehen schreien könnten, hätte meine Vermieterin die Polizei gerufen! Auch der Rest der Dame war bis ins kleinste Detail elegant gekleidet. Da passten die Ohrringe zum Nagellack, vom Designerkostüm ganz zu schweigen. Als Topping formte dann noch ein bildhübsches Gesicht, umrahmt von einem schicken Kurzhaarschnitt den krönenden Abschluss der Figur. In dem gut aussehenden Kopf steckte zudem ein Gehirn mit Grips. ‚Wow‘, dachte ich damals mit meinem jugendlichen Leichtsinn, ‚welch eine Erscheinung! Da brauchts doch nur ein Fingerschnipsen und die Männerwelt steht Schlange!‘ Nett und offen für meine Arbeit war sie auch, also konnte ich den Füßen ohne Folterschuhe professionell begegnen. Meine Blitzdiagnose hatte sich bestätigt, sie klagte über häufige Migräne. Also bat ich, wie immer, Gott um Führung und legte los. Nein. Ich wollte loslegen. Aber ich konnte nicht. Stattdessen begann wieder einmal eine meiner Diskussionen mit den Himmeln. Leider bin ich des Pokerfaces nicht mächtig, sodass die Dame sofort in meiner Mimik erkannte, dass irgendetwas nicht stimmte. Mist! ‚Jetzt bringst du mich echt in eine Bredullie!!‘ schimpfte ich lautlos mit Gott. Auch wenn ich wusste, dass ich diese Diskussion verlieren würde, suchte ich eine Hintertür. ‚Ist etwas Schlimmes mit mir? Man hat mir gesagt, dass Sie Sachen sehen. Was sehen Sie? Bitte, Sie müssen mir das sagen!!‘, flehte mich die Fußbesitzerin an. Ich schimpfte still weiter: ‚Mannomann!!!! Warum soll ich ihr das sagen???! Ich hab schon so viel Unmögliches für DICH gesagt, warum das jetzt auch noch?!‘. Schweigen. Beharrliches Schweigen. Nicht selten brachte mich dieses bestimmte Schweigen in echte Verzweiflung, die dann mein Herz derart stolpern ließ, dass ich fürchtete vom Stuhl zu fallen. Naja, ich war es gewohnt und, wie gesagt, damals hatte ich noch Kampfgeist. Oder eher Trotzgeist, – auch wenn mir bewusst war, dass er wenig bis gar nicht zielführend war. Denn in Wahrheit hatte ich mich entschieden, im zarten Alter von zehn Jahren… Aber das ist eine andere Geschichte. Zurück zu der hübschen, langsam ebenso verzweifelnden Dame, deren gequälten Füße ich in meinen Händen hielt, ohne daran zu arbeiten. ‚Ihre Migräne kommt von den engen Schuhen.‘ Es war einen Versuch wert. Also begann ich fachkompetent mit den Ausführungen, was solche Schuhe mit dem Großzeh machen und …… Sie studierte mein Gesicht. ‚ Das glaube ich Ihnen, aber das ist es nicht. Da ist noch etwas anderes. Ich habe es in ihrem Gesicht genau gesehen!‘ ‚Also gut!‘, ich gab auf. ‚Es tut mir jetzt echt sehr leid, ich möchte ganz und gar nicht in Ihre privateste Privatsphäre eindringen. Aber ich soll Ihnen sagen: Kaufen Sie sich neue Unterhosen.‘ So. Es war raus. In Erwartung eines Wutausbruches hielt ich die Luft an. ‚Das glaube ich jetzt nicht!‘, platzte es aus ihr heraus. Sie können das doch gar nicht wissen!‘ Ich verharrte stumm auf meinem Stuhl. ‚Ich wünsche mir so sehr einen Partner, aber immer wenn ich einen Mann kennenlerne und es könnte intim werden, ziehe ich mich zurück. Denn ich habe starke Probleme mit meinen Nieren und ich trage immer sehr unattraktive Unterhosen aus Wolle.‘ Krass. Gefasste Sprachlosigkeit vertrieb mein stolperndes Herz, während die Dame ihre Ergriffenheit nicht zu verbergen versuchte. Sie weinte ob der schier ausweglosen Situation, denn sie sehnte sich nach einem Partner und hatte auch keinen Mangel an Gelegenheiten – wen wundert’s – aber halt die Unterhosen! Das war wieder einmal einer jener himmlischen Knaller, die mich verdammt viel Mut kosten, aber für die ich mich dann doch gerne aus dem Fenster gelehnt habe. Im Nachhinein, wohlgemerkt. Die Behandlung konnte ich mit ein paar kurzen Tipps von Frau zu Frau abschließen, die sie erleichtert annahm. Ja, auch Pragmatismus macht durchaus Sinn. Der Mix macht’s.
Als sie die Praxis verließ, fragte ich sie: ‚Also, was ist jetzt dran?‘ ‚Neue Schuhe und der nächste Dessous-Laden ist meiner‘, zwinkerte sie mir fröhlich zu. Einige Wochen später erhielt ich eine SMS. ‚Liebe Frau Struwe, ich bin Ihnen so dankbar. Ich hatte bisher keinen einzigen Migräneanfall und der Besuch im Dessous-Laden war auch erfolgreich. Ich bin glücklich. Danke.‘
Ich grinste in den Himmel.
In diesem oder anderem Sinne, habt alle eine fröhlichen Sommersonnenwende 🙂
Herzlichst, eure Claudia